Der lüsterne Arm des Gesetzes

Geschmatzt hat der Polizist und anzüglich „Lecker!“ gerufen, als die Grazie an ihm vorbeilief. Sie schnauft empört. „Eigentlich versuche ich immer, das zu ignorieren, aber ich komme jeden Tag an dieser Kreuzung vorbei,“ sagt sie.

Sie hat kurz innegehalten, sich dann umgedreht und den Polizisten am Revers von seinem kleinen Klappstuhl hochgezogen. „‚Warum trägst du eigentlich eine Uniform?‘ habe ich ihn gefragt, ‚was glaubst du, wie es deinen Schwestern und Töchtern geht, wenn sie von deinen Kollegen so angesprochen werden?'“ Man sieht förmlich kleine Rauchwolken des Zorns aufsteigen.

Im Nachhinein grämt sie sich, dem Polizisten nicht auch noch ein paar Ohrfeigen verpasst zu haben, vielleicht fünf oder sechs. Ich bewundere ihren Mut. Es ist gefährlich für eine afghanische Frau, sich mit Männern anzulegen. Die Grazie nickt mit leichtem Bedauern. Wahrscheinlich sei es besser gewesen, sich zurückzuhalten. Statt ihrer Wut freien Lauf zu lassen, hat sie die Menschenrechtskommission angerufen und ihnen die Nummer des Checkpoints und des Polizeiautos durchgegeben. Die habe sich dann darum gekümmert.

2 Antworten to “Der lüsterne Arm des Gesetzes”

  1. Heiner Toenne Says:

    das ist wirklich mutig, ob ich das machen würde, weiss ich nicht.

  2. Fährfrau Says:

    Wow!

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