Ins Restaurant, zähneknirschend

Zu Anfang fanden wir es befremdlich und belustigend, als unsere Nachbarn fragten, ob wir vielleicht eine Tür in die Mauer zwischen unseren beiden Grundstücken brechen wollten – „zum Hin- und Herfliehen im Krisenfall.“ Die Mauer ist gut einen halben Meter dick und sehr solide, so dass wir zunächst davon absahen. Nicht nur für den Krisenfall wäre es jedoch eine Überlegung wert, denn die Nachbarn dürfen die zehn Meter zwischen unseren Grundstückstüren nicht ohne Eskorte zurücklegen.

Auch wenn man sich außerhalb verabredet, sollte die Wahl des Ortes gut durchdacht sein. Botschaften und Organisationen führen Listen von Restaurants, die sie für sicher halten. Diese Listen sind kurz – und nicht unbedingt deckungsgleich.

Am unangenehmsten ist, dass es nicht nur ausländische Organisationen gibt, die ihren ausländischen Mitarbeitern vorschreiben, wohin sie gehen können – sondern dass die Restaurants sich wiederum vorbehalten, ob sie Afghanen Zutritt gewähren. Das führt in gemischt ausländisch-afghanischen Gruppen nicht selten zu peinlichen Diskussionen an der Tür.

Wenn man gemeinsam eingelassen wird, wartet am Tisch die nächste Höflichkeitsfalle – jedenfalls, wenn es ein Restaurant ist, das auch Alkohol ausschenkt. Dann nämlich verkündet der Kellner, die Afghanen dürften keinen Alkohol bestellen und als Ausländer müsse man Sorge dafür tragen, dass die afghanischen Tischgäste auch keinen bekämen.

An diesem Nachmittag eile ich mit einem Wächter zu Fuß zu einem Gästehaus, in dem wir etwas von einer Ausländerin abholen wollen. Ich eile am afghanischen Türsteher vorbei, der vollends mit seiner Brotzeit beschäftigt zu sein scheint. Der Eindruck täuscht jedoch, denn er ist blitzschnell auf den Beinen und schlägt meinem Begleiter die Tür vor der Nase zu, woraufhin ich etwas ungemütlich werde.

Der Türsteher reißt die Tür wieder auf. „Komm rein“, ruft er und streckt meinem Wächter schuldbewusst lächelnd seinen bis zum Stumpf abgenagten Maiskolben entgegen: „Isst Du mit mir?“

Eine Antwort to “Ins Restaurant, zähneknirschend”

  1. Lesemarie Says:

    Verzwickt ist ja nichts dagegen. Mir scheint, die Welt ist voller Fettnäpfchen, so dass es kaum eine Chance gibt, ALLE zu vermeiden (wohlgemerkt: für beide Seiten!)

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